Selbst schuld!

Stefan Kornelius kommentiert bei Sueddeutsche.de die tagespolitische Misere der Kunduz-Debatte. Er kommt dabei gleich zu Beginn auf genau den Punkt zu sprechen, der sich in Gesprächen, die ich in den letzten Tagen geführt habe genauso herauskristallisiert hat. Zu Guttenberg steht momentan in der Kritik und trägt dafür selbst die Verantwortung.

Problematisch für ihn sind lediglich die juristische Bewertung des Luftschlags seitens des Ministeriums und der Rauswurf von Schneiderhan und Wichert. Und dann hat er auch noch eine neue Interpretation vorgenommen.

Klar, er wollte sich mit den Einschätzungen vor seine Soldaten stellen, aber wenn ich das Presseecho richtig verstehe, ist man in der Bundeswehr doch etwas verunsichert, insbesondere durch zu Guttenbergs Umgang mit dem Generalinspekteur.

Ich frage mich, ob der Minister noch einmal eine Kehrtwende wagt, wenn der Untersuchungsausschuss feststellt, Oberst Klein hätte doch militärisch angemessen gehandelt. Das ist zwar politisch kaum zu erwarten, aber was sich mir bisher darstellt, könnte dem tatsächlich so gewesen sein (wenn man davon ausgeht, dass die Taskforce 47 Kamerabilder viel schärfer waren und wirklich zum größten Teil nur Taliban vor Ort waren, von der Mandatierung gezielter Tötungen will ich jetzt mal absehen).

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7 Kommentare - “Selbst schuld!”

  1. Gruendlich Says:

    Ein Umstand, der gerne außer Acht gelassen wird: der Generalinspekteur ist am 29. Oktober, einen Tag nach Amtsantritt von Guttenberg, vorgeprescht und hat den Luftschlag als militärisch angemessen bezeichnet.

    Wäre zu Guttenberg nun eine Woche später vor die Presse getreten und hätte der Empfehlung eines dreißig Jahre älteren und weitaus erfahreneren Offizier widersprochen, wäre er noch fragwürdiger dagestanden, als er es jetzt tut.

    Ich vermute, und das ist freilich nur eine Vermutung, dass Schneiderhan und Wichert mit Jung eine Art Minister vor sich hatten, der vollständig von ihrem Sachverstand abhängig war. Nun könnte es sein, dass Schneiderhan mit seinem vorgezogenen, anmaßenden Urteil austesten wollte, wieviel Spielraum er hat. Nur ist es halt nicht seine Aufgabe, über strategische Fragen zu urteilen. Ich kann mir gut vorstellen, dass der neue Herr Minister darüber wenig erfreut war. Er sprach bei Beckmann ja auch vom „schlechten militärischen Rat“ der zu seiner Beurteilung beitrug.

    Zumal inzwischen wohl eindeutig geklärt und von Schneiderhan auch zugegeben wurde, dass die Berichte schlicht fehlten. Ob vorsätzlich oder nicht, darum wird gestritten. Aber dass sie nicht da waren, ist ein Fakt. Und das einen ganzen Monat lang. Eigentlich muss sich der Minister ja nicht rechtfertigen für die Posten, die er in seinem Ressort besetzt, aber ich denke die Begründung reicht mehr als aus. Von „selber schuld“ kann keine Rede sein.

    Der einzige vermeidbare Fehler, den ich bei ihm seh, ist dass er die Korrektur vom 3. Dezember nicht ausreichend begründet hat. (Das könnte zum Beispiel so aussehen: der Angriff war taktisch sinnvoll, da er eine große Zahl von Taliban ausschaltete und die Sicherheitslage massiv verbesserte, strategisch jedoch ein Reinfall, da die Ausschaltung von Taliban nicht unsere Hauptaufgabe ist [das ist der Schutz der Bevölkerung gem. COMISAF Direktive] und der Luftschlag negative internationale Reaktionen hervorrief, die die Auftragserfüllung belasten.)

  2. Nina Says:

    Ich muss meinem Vorredner zustimmen. Guttenberg glaubte den Aussagen eines renomierten Generals und hat sich auf die Informationen verlassen, die ihm gegeben wurden. Dafür hat Schneiderhan die Konsequenzen gezogen. Nun unterstellt er jedoch Guttenberg die Unwahrheit gesagt zu haben. Ruprecht Polenz von der CDU, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag legte nun Schneiderhan nahe die Auseinandersetzung mit Guttenberg beizulegen, denn damit sei beiden geholfen. Er bescheinigte iuhm jedoch auch „hohe fachliche Kompetenz“, was ich eher als Beschichtigungstaktik ansehe.

  3. CvS Says:

    Ich schliesse mich meinen beiden Vorrednern an – von einem „selber schuld“ kann so recht nicht die Rede sein. Der Minister konnte sich in seiner Bewertung ja wohl kaum vom Urteil des GI distanzieren, der ja nun 43 Jahre Erfahrung mit der Bundeswehr hat.

    Was mich etwas irritiert – wie kann Schneiderhan zu Guttenberg jetzt vorwerfen, die Unwahrheit gesagt zu haben, wenn diese doch schriftlich hat, dass Unterlagen fehlten? Nur weil man erwarten kann, dass zu Guttenberg genug Anstand besitzt nicht gleich mit jedem Schrieb zur Bild zu gehen?

    Abgesehen davon sehe ich gar keine Schuld beim Minister – Kundus ist vor seiner Amtszeit gewesen, und es gab selten jemanden der sich so sehr vor die Soldaten gestellt hat. Und wenn das Volk diesen so wenig Respekt oder gar Dankbarkeit zeigt, ist das ein wichtiges Zeichen.


  4. […] Zu Guttenberg Ein Watchblog über den Bundesminister der Verteidigung und das BMVg. « Selbst schuld! […]

  5. Stefan Stahlberg Says:

    @ CvS, Nina, Gruendlich:

    Das „Vorpreschen“ des GI ist eine andere Sache. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nicht mit Erlaubnis oder Genehmigung des IBuK erfolgte. Worauf ich mich beziehe ist jedoch die Art und Weise der Interpretation des COMISAF-Berichts. Während der General den Angriff gern als militärisch angemessen bezeichnen kann, hätte zu Guttenberg (im Nachhinein) nämlich lieber eine politische Bezeichnung wählen sollen. Diese klare (juristische) Bewertung ist eben angreifbarer als ein „kann aus der Sicht des Oberst unter der aktuellen Gefahrensituation vor Ort und den zur Verfügung stehenden Aufklärungsmitteln den Angriff nachvollziehen…über weiteres muss Karlsruhe urteilen“. Dass der Minister sich vor den Oberst gestellt hatte ist durchaus lobenswert. Der ganze Vorgang zeigt eben das Spannungsfeld der Verteidigungspolitik und zu Guttenberg hätte es sich etwas leichter machen können (von einem besser will ich nicht reden!).

  6. Gruendlich Says:

    Ich muss allerdings sagen, dass ich froh darüber bin, dass zu Guttenberg nicht den einfachen Weg genommen hat. Dass er sich für das BMVg und nicht das BMI entschieden hat, dass er gleich nach Amtsantritt in den höchsten Gang geschalten hat, und das er stehts bemüht war, eine klare Sprache zu sprechen. Ich würde es inzwischen schon fast wagen, so etwas wie vorsichtigen Optimismus zu zeigen. Ich glaube fast, KTzG wird aus der Sache gestärkt herauskommen, nicht mehr als der forsche Polit-Superstar sondern als jemand der seine Feuertaufe hinter sich hat. Und man spürt auch deutliche Fortschritte im verteidigungspolitischen Klima insgesamt. Langsam dämmerts den meisten Politikern, dass man die Dinge ruhig auch beim Namen nennen kann ohne gleich die Moralkeule übergezogen zu kriegen, und dafür kann m.E. durchaus KTzG als derjenige angesehen werden, der den Stein ins rollen gebracht hat. Man denke nur mal ein Jahr zurück, an die Debatte um die AWACS-Flugzeuge. Oder als wir die QRF übernommen haben. Das sei kein Kampfauftrag, usw. usf.

  7. CvS Says:

    Und wieder einmal muss ich mich Gruendlich anschliessen.

    Ich hoffe sehr, dass KTzG daraus gestärkt hervorgeht, denn dieses ewige „sexiest politician alive“ oder wie auch immer ist ja ganz nett, aber auf Dauer stellt ihn das doch so hin, als sei sein einziges Alleinstellungsmerkmal. Und seine Kompetenz geht darin so ein bisschen unter.

    Ich finde, KTzG hat unsere Hochachtung dafür verdient, seine Einschätzung zurückzunehmen – das machen nicht viele Politiker. Dass ich die Einschätzung als „militärisch unangemessen“ nicht direkt nachvollziehen kann, steht auf einem anderen Blatt (siehe auch http://einzelplan14.wordpress.com/2009/12/15/patiare-potius-ipse-quam-facias-scelus-oder-kundus-eine-kleine-presseschau/) – wenn wir über militärisch verhältnismässig sprechen ist das eine andere Frage.

    Was mich insgesamt stört ist diese eigenartige Rücktrittsforderung an KTzG – er hatte mit Afghanistan am 04. September relativ wenig zu tun (auch wenn er schon 2008 vorgeschlagen hatte, eine Afghanistan-Kommission einzurichten, die bisherige Bemühungen bewertet und einen künftigen Weg skizziert, war er ja im September eher mit Opel und Konsorten beschäftigt) – und leider scheint die jetzige Opposition auch zu verdrängen, dass sie an der Macht war, als ISAF beschlossen wurde. Schade, dass so etwas jetzt auf dem Rücken unserer Soldatinnen und Soldaten ausgetragen wird.

    @ Stefan Stahlberg:

    Er hätte es sich sicher leichter machen können, das ist wahr. Aber ich glaube, das ist einfach nicht sein Stil… 🙂


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