Am Donnerstagmorgen ist der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in Afghanistan eingetroffen. Mit ihm reiste u.a. der Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan. Bei seinem Kurzbesuch will er nicht nur bei den deutschen Truppen im Norden des Landes vorbeischauen, sondern sich u.a. mit dem amerikanischen ISAF-General Stanley McChrystal und Hamid Karzai treffen.
KT zu Guttenberg in Afghanistan. Zum Vergrößern im Frame von Netzeitung auf das Bild klicken (Foto: Netzeitung/dpa)
Wie bereits gestern im ARD-Morgenmagazin angekündigt, will sich zu Guttenberg vor einer möglichen deutschen Truppenaufstockung erst mit der neuen konzeptionellen Ausrichtung der amerikanischen Streitkräfte auseinandersetzen. Zudem hatte er in seiner Rede am Dienstag im Bundestag gefordert, „ein internationales Afghanistankonzept mit konkreten Zeit- und Zielvorgaben umzusetzen.“ Also was ist besser, als sich direkt mit demjenigen zusammenzusetzen, der maßgeblich den militärischen Teil des Konzepts, das in Amerika gerade heftig diskutiert wird, umsetzen soll? Um sein Erkenntnisbild abzurunden, wird zu Guttenberg auch mit Vertretern der GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) zusammentreffen, um sich die Lage aus ziviler Sicht schildern zu lassen.
Da in letzter Zeit von einer deutschen Truppenaufstockung auf etwa 7.000 Mann die Rede war, dürfte sich der Minister auch einer solchen Forderung konfrontiert sehen. Im deutschen Bereich um Kunduz (in Chahar Darrah) war es vor kurzem zu einer fünftägigen Offensive von 300 amerikanischen Spezialkräften, 800 afghanischen Soldaten und 130 Polizisten gegen die Taliban gekommen. Dabei seien durch heftige Bombardements bis zu 133 Menschen getötet worden. Über zivile Opfer schwieg man sich aus, es sollten keine darunter sein. Der deutsche Kommandeur Setzer hatte eine Beteiligung der Bundeswehr abgelehnt. Zu Guttenberg billigte den Einsatz.
Der deutsche Verteidigungsminister und der Generalinspekteur der Bundeswehr im Flieger nach Afghanistan. (Foto: FAZ.net/picture-alliance/dpa)
Fest steht, sobald der Minister zu der Erkenntnis gekommen ist, das deutsche Engagement müsse verstärkt werden, wird er nicht nur alles daran setzen, den aus seiner Sicht richtigen Schritt zu unternehmen. Er wird es der deutschen Bevölkerung auch gut verkaufen (müssen). Ob seine bisherige Popularität darunter dann leiden wird, steht noch außen vor. Seine bisherige Offenheit und klare Sprache sollte er jedenfalls beibehalten. Die Deutschen können ja nach seiner Aussage mehr vertragen, als man vielleicht vermuten dürfte. Und wenn man jetzt ein transparentes, zielstrebiges und vor allem einleuchtendes (internationales) Konzept erarbeitet und vermittelt, dass sogar erfolgversprechend ist, so steht einem Happy-End (fast)nichts mehr im Weg.
Einen Schwerpunkt seiner zukünftigen Arbeit hat zu Guttenberg jedenfalls gesetzt. Nach dem Treffen mit dem kanadischen Verteidigungsminister am Dienstag, seiner Rede im Bundestag am selben Tag, dem Besuch im NATO-Hauptquartier in Brüssel und der jetzt begonnenen Afghanistan-Reise zeigt der Minister, was für ihn wirklich wichtig ist. Mal sehen mit welchen Erkenntnissen er zurückkommt.
Medienberichte (unsortiert und unvollständig):
Zeit Online, Spiegel Online, Süddeutsche Zeitung, Netzeitung, FAZ.net, Focus Online, Tagesspiegel